STIFTUNGSINFO
EINE KUNDENINFORMATION DER VON GRAFFENRIED GRUPPE
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Errichtung einer Stiftung ist ein grosses Projekt. Eine Stiftung ermöglicht die Verwirklichung von langfristigen gesellschaftlichen und philanthropischen Zielen. In dieser Ausgabe unserer
Stiftungsinfo beleuchten wir die finanziellen und strategischen Vorüberlegungen, die wir vor der Errichtung einer Stiftung in der Schweiz empfehlen.
WISSEN AKTUELL
Stiftungserrichtung – wichtige Fragestellungen
1. Vorüberlegungen: Eigene Stiftung, Dachstiftung oder Alimentierung einer bestehenden Stiftung?
Die Errichtung und Verwaltung einer eigenen Stiftung bringt nicht nur eine erhebliche Verantwortung mit sich, sondern auch finanzielle Verpflichtungen. Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht (ESA) schreibt beispielsweise ein Mindestkapital von 50’000 Franken (Netto-Barvermögen) für die Stiftungserrichtung vor. Hinzu kommen weitere Errichtungskosten. Unabhängig vom vorgeschriebenen Mindestkapital muss gewährleistet sein, dass sowohl der Stiftungszweck (siehe hierzu Punkt 3) als auch die laufenden Kosten langfristig durch das Stiftungskapital finanziert werden können. Für viele Stifterinnen und Stifter stellt sich daher die Frage, ob es sich lohnt, eine eigene Stiftung zu errichten, oder ob es sinnvoller ist, sich einer bestehenden Struktur anzuschliessen. Hier kommen zwei Alternativen in Betracht:
- Anschluss an eine Dachstiftung: Dachstiftungen bieten bereits bestehende Strukturen und übernehmen viele administrative Aufgaben, die mit der Führung einer Stiftung verbunden sind. Dies ist besonders attraktiv für Stifterinnen, die sich ausschliesslich auf die inhaltliche Arbeit und die Umsetzung ihrer Ziele konzentrieren möchten oder deren Vermögen für die Errichtung einer eigenen Stiftung nicht ausreicht.
- Alimentierung einer bestehenden Stiftung: Alternativ kann das Vermögen auch einer bereits bestehenden Stiftung zugeführt werden, die denselben oder einen ähnlichen Zweck verfolgt. Dies spart nicht nur Kosten, sondern ermöglicht es auch, unmittelbar eine Wirkung zu erzielen.
2. Zeitpunkt der Errichtung: Stiftung zu Lebzeiten oder von Todes wegen?
Wenn die Entscheidung zugunsten der Errichtung einer eigenen Stiftung gefallen ist, stellt sich im nächsten Schritt die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt: Soll die Stiftung zu Lebzeiten errichtet werden oder durch Verfügung von Todes wegen?
- Die Errichtung einer Stiftung zu Lebzeiten bietet den Vorteil, dass der Stifter durch Einsitz im Stiftungsrat die Möglichkeit hat, aktiv auf die Entwicklung der Stiftung einzuwirken. Durch den Einsitz im Stiftungsrat und die damit einhergehende Mitgestaltung der Förderstrategie kann der Stifter sicherstellen, dass seine Intentionen bestmöglich umgesetzt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, gemäss Art. 86a ZGB in der Stiftungsurkunde einen Zweck- und Organisationsänderungsvorbehalt des Stifters zu statuieren. Die Errichtung einer steuerbefreiten Stiftung zu Lebzeiten bietet zudem den Vorteil, dass der Stifter nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen Zuwendungen an die Stiftung steuerlich absetzen kann. In der Praxis häufig anzutreffen ist die Variante, dass der Stifter zu Lebzeiten die Stiftung mit einem Mindestkapital errichtet und gleichzeitig die Stiftung im Testament oder Erbvertrag begünstigt. Wird die Steuerbefreiung der Stiftung zu Lebzeiten des Stifters gewährt, besteht für den Stifter die Rechtssicherheit, dass seine letztwillige Zuwendung dereinst ohne Belastung durch eine Erbschaftssteuer auf die Stiftung übergeht.
- Eine Stiftungserrichtung von Todes wegen erfolgt durch eine testamentarische Verfügung oder einen Erbvertrag und tritt erst nach dem Tod des Stifters in Kraft. Dies erlaubt dem Stifter, sein Vermögen zu Lebzeiten weiterhin voll zu nutzen. Jedoch hat der Stifter nach seinem Ableben keinen Einfluss mehr auf die operative Umsetzung seiner Stiftung. Im Rahmen der Nachlassplanung ist sicherzustellen, dass es sich beim gewidmeten Betrag um die frei verfügbare Quote handelt und keine Pflichtteilsansprüche verletzt werden.
3. Der Stiftungszweck als zentrales Element und die Wahl der Stiftungsform
Das Herzstück einer Stiftung ist ihr Zweck. Entsprechend wohlüberlegt ist er zu definieren. Der Zweck sollte klar und zukunftsorientiert definiert sein, damit er über viele Jahre Bestand hat. Ein zu eng gefasster Zweck könnte die Handlungsspielräume der Stiftung einschränken, während ein zu weit gefasster Zweck dazu führen kann, dass der ursprüngliche Stifterwille verwässert wird und sich möglicherweise später Auslegungsfragen stellen. Eine Balance zu finden, die Flexibilität und Beständigkeit gewährleistet, ist entscheidend. Der Stiftungszweck ist zudem schwer abänderbar, was eine sorgfältige Planung im Vorfeld umso wichtiger macht. Zu diesem Zeitpunkt sollte sich die Stifterin auch Gedanken über eine geeignete Förderstrategie machen. Dabei ist in der Stiftungsurkunde verbindlich festzuhalten, ob die Stiftung als Verbrauchsstiftung ausgestaltet ist. Bei einer Verbrauchsstiftung darf das gesamte Stiftungsvermögen gemäss Stiftungszweck verwendet werden. Dies kann gerade bei einem kleineren Stiftungsvermögen eine sinnvolle Option sein.
4. Einfluss des Stiftungszwecks auf Namensgebung und Standortwahl
Sobald ein geeigneter Stiftungszweck festgelegt wurde, sind auch ein passender Name und der Sitz der Stiftung zu bestimmen. Dabei kann der Stiftungszweck als zentraler Bezugspunkt die Wahl beider Elemente beeinflussen. Der Name der Stiftung sollte klar und leicht verständlich sein, um die öffentliche Sichtbarkeit zu erhöhen und das Vertrauen bei Förderern, Begünstigten sowie in der Öffentlichkeit zu stärken. Ein gut gewählter Name fördert zusätzlich die Identifikation mit der Stiftung. Auch die Standortwahl kann durch den Stiftungszweck beeinflusst werden. Je nach Zweck können einige Kantone aus steuerlicher Sicht vorteilhafter sein, da sie für spezifische Zwecke bessere steuerliche Rahmenbedingungen bieten.
5. Organisation der Stiftung und Regelung der Strukturen
Die Organisation der Stiftung spielt eine zentrale Rolle für ihren langfristigen Erfolg. Der Stiftungsrat ist das oberste Organ und sollte kompetent und divers zusammengesetzt werden, um die Stiftung nach Massgabe der Stiftungsurkunde im Sinne des Stifters zu leiten. Bei der Errichtung einer Stiftung kann der Stifter den ersten Stiftungsrat benennen und Kriterien für künftige Wahlen des Stiftungsrats festlegen. Ebenso wichtig sind eine professionelle Geschäftsführung und Revision. Viele Aspekte der Stiftungsarbeit lassen sich durch Reglemente klar und strukturiert festlegen. Welche Reglemente sinnvoll sind, hängt massgeblich vom Stiftungszweck, der Grösse und der Ausrichtung der Stiftung ab. Neben einem Organisationsreglement können beispielsweise ein Anlagereglement zur Verwaltung des Stiftungsvermögens und ein Vergabereglement für die Verteilung der Fördermittel angezeigt sein. In der Stiftungsurkunde ist eine Grundlage für den Erlass von Reglementen zu statuieren.
6. Zeitliche Planung der Errichtung
Nicht zuletzt ist eine realistische Zeitplanung unerlässlich. Der Errichtungsprozess nimmt erfahrungsgemäss geraume Zeit in Anspruch. Dabei sollte auch genügend Zeit für die individuelle Steuerplanung der Stifterin sowie für etwaige Gespräche mit der Steuerbehörde hinsichtlich einer möglichen Steuerbefreiung der Stiftung eingeplant werden. Zudem ist auch eine Vorprüfung der Stiftungsurkunde bei der mutmasslich zuständigen Aufsichtsbehörde empfehlenswert.
Fazit:
Die Errichtung einer Stiftung ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Überlegungen und eine fundierte Planung erfordert. Die Wahl zwischen einer eigenen Stiftung, dem Anschluss an eine Dachstiftung oder der Unterstützung einer bestehenden Stiftung, sollte sich nach den persönlichen Zielen und finanziellen Möglichkeiten der Stifterinnen und Stifter richten. Auch der Zeitpunkt der Errichtung – ob zu Lebzeiten oder von Todes wegen – sollte sorgfältig abgewogen werden. Mit einer durchdachten Vorbereitung und Planung kann die Stiftung nachhaltig wirken und den Willen des Stifters über Generationen hinweg erfüllen.